Selten war die Stimmung bei der Fiat-Luxusmarke Maserati so gut wie in diesem Jahr. Denn die fast bürgerliche Schwester von Ferrari wird 100 und präsentierte sich fitter denn je auf dem Genfer Salon.

Das Modellprogramm ist runderneuert, die Absatzzahlen weisen steil nach oben – und zur Feier des Tages zauberte Firmenchef Harald Wester auch noch eine der spektakulärsten Studien des Salons aus dem Hut: “Alfieri” heißt das Coupé.
Benannt nach einem der drei Brüder, die am 1. Dezember 1914 in Bologna die Società Anonima Officine Alfieri Maserati gegründet haben, schillert das im handgemischten “Steel Flair” lackierte Coupé silbern im Rampenlicht. Hinter dem riesigen Kühlermaul folgt eine schier endlos lange Motorhaube, die erst ganz, ganz hinten in ein knappes Greenhouse übergeht und in einem breiten Heck ausläuft. Dazu noch die schlanken Flanken mit sehnigen Linien und ausgestellten Kotflügeln – fertig ist der Traumwagen.

Sieht man einmal von den verspielten Rückleuchten, den großen Rädern mit den spindeldürren blauen Speichen und den scharfen Streben im Grill ab, die an Blitze aus Blech erinnern, trägt dieses Auto kaum Zierrat. Denn der in der Ferrari-Stadt Modena geborene Fiat-Designchef Lorenzo Ramaciotti hat für den 4,56 Meter kurzen Zweisitzer mit den beiden Notsesseln im Fond eine Form gefunden, die für sich spricht. Und weil die Silhouette an den legendären Maserati A6-GCS aus den Fünfzigern erinnert, hätte sich Ramaciotti auch noch den Dreizack und die albernen Kiemen auf den vorderen Kotflügeln sparen können, ohne dass man den Maserati mit einem anderen Auto verwechselt hätte.
Die Studie wurde mit heißer Nadel gestrickt

Zwar geistert die Idee von so einem Auto schon lange in den Köpfen der Maserati-Manager herum. Doch die Studie selbst ist mit vergleichsweise heißer Nadel gestrickt: “Fünf Monate vom ersten Zeichenstrich bis zur Messe-Premiere, länger hat es nicht gedauert”, sagt Wester. Viel mehr Zeit konnte sich die Maserati-Mannschaft für so einen Wunschtraum auch nicht nehmen. Denn die Entwickler haben mit der Wirklichkeit gerade mehr als genug zu tun: Wester will den Absatz der Nobelmarke in nur fünf Jahren verfünffachen und schon 2015 über 50.000 Autos im Jahr verkaufen. Dafür hat er eine gewaltige Modelloffensive angeschoben: Deshalb wurde im vergangenen Jahr nicht nur der Quattroporte erneuert, sondern eine Klasse darunter auch der Ghibli aufgelegt. Dazu kommen neben den üblichen Achtzylindern auch noch V6-Motoren und der erste Diesel in der Firmengeschichte, Versionen mit Allradantrieb, Rechts- und Linkslenker: “Insgesamt haben wir in einem Jahr 78 Fahrzeugvarianten auf den Markt gebracht”, sagt Wester.
Das muss so eine kleine Firma erst einmal stemmen, die nebenbei auch noch ein neues Montage- und zwei Motorenwerke in ihren Verbund mit aufnimmt und schon am nächsten Großprojekt arbeitet. Schließlich wird es langsam Zeit für den versprochenen Geländewagen, den Wester für seine Wachstumsziele vor allem in Amerika und Asien braucht. Vor vier Jahren als Kubang auf der IAA in Frankfurt präsentiert, soll er dort im nächsten Jahr als Levante endlich seine Serienpremiere feiern und der Absatzkurve den letzten Push geben.

Bis der Alfieri in Serie kommt, gilt es noch einige Fragen zu klären, beispielsweise: Welche Plattform kann das Serienmodell haben? Welchen Motor baut man ein, wenn mit dem 460 PS starken V8-Block der Schwester Ferrari der Zielpreis von unter 100 000 Euro nicht zu schaffen ist? Das sind die Probleme, die noch zwischen Wunsch und Wirklichkeit stehen. “Aber ich bin sicher, dass wir die richtige Lösung finden werden”, sagt Wester. Spätestens in zwei Jahren ist der Traum deshalb vorbei – und der Alfieri wird Wirklichkeit.
Spezifikation 2020 Maserati Alfieri – 2020 Maserati Alfieris